Luca Rude Lombardo, oder kurz RUDE (HIFI) aka BARRIOBEAT ist sowas wie das bestgehütete Geheimnis der Patchanka Szene.

Kaum ein Künstler mit dem er nicht schon zusammengearbeitet hat. Immer umtriebig, fest in Bands, in Projekten oder Solo. Seine Karriere liest sich wie das Who-is-Who der Mestizoszene. Kein Zweifel: dieser Mann hat sichr einiges zu erzählen. Ich treffe RUDE am Rande des Auftritts der italienischen Hardcore Band „Rotten Boi!es“ in der Dresdner Chemiefabrik.

 

W: Rude, so wie ich gehört habe bist Du sowas wie ein Vorzeigeeuropäer. Du bist Italiener, aber in Deutschland aufgewachsen, später Barcelona und nun lebst Du hier in Dresden.

 

R: Richtig, ich bin in Italien geboren und in Pforzheim aufgewachsen. Im tiefsten Schwarzwald in den 70er Jahren. Was nicht so einfach war zu der Zeit. Ich war der einzige schwarzhaarige Junge auf der Schule. Mein Vater wurde damals noch „Gastarbeiter“ genannt. Es war eine andere Zeit, auch ein anderes Deutschland als wie ich es jetzt kenne.

Danach bin ich wieder nach Itlaien, nach Bologna gegangen wo ich meine erste Punkband hatte, namens GHETTO 84. Wenn ich mir allerdings die Aufnahmen heute anhöre ist es wohl mehr Rock n Roll als Punkrock (lacht).

 

W: gab es Veröffentlichungen von GHETTO 84?

 

R: Es gab eine LP und im Nachhinein sind noch zwei Bootlegs u.a. in den USA erschienen. Wir haben viel getourt weil uns eine grosse itlaienische Punkband immer mit auf Tour nahm.

 

W: Und wie hatt es dich dann nach Barcelona verschlagen?

 

R: mein Link nach Barcelona war zuerst MANU CHAO und dann ROY PACI.

MANU machte 2001 gleich nach dem Genua-Debakel beim G8-Gipfel eine Europatour zusammen mit FERMIN MUGURUZA (KORTATU, NEGU GORRIAK) unter dem Pseudonym KATUMI EXPRESS eine kleine Europatour. Da riefen sie mich an, ob ich Lust hätte dabei ein wenig das Soundsystem zu machen (Gelächter) Was für eine Frage! „GLEICH“ antwortete ich.

 

W.: kann ich mir vorstellen

 

R: und ich war so aufgeregt. Ich hab mir vor dem Auftritt eine halbe Flasche Rum gegeben. Da waren dann 12000 Leute. Im Mittelteil gabs dann eine Stelle wo die ganzen Musiker ihre Instrumente untereinander tauschten. Dort kam ich dann zum ersten mal zum Einsatz. Ich muss ein tolles Bild abgegeben haben. Damals hab ich noch 106 kg gewogen und hatte eine Glatze.

Auf jeden Fall scheint es ganz gut angekommen zu sein. Ursprünglich war es nur für diesen einen Auftritt in Italien geplant, letztendlich war ich aber den kompletten Rest der Tour mit dabei.

 

W: Hast du bei der Gelegenheit auch ROY PACI kennengelernt?

 

R: Exakt. ROY war ebenfalls auf der Tour. So bin ich zu seiner Band gestossen.

Irgendwann sprach er mich nach einem Telefongespräch mit meinem Vater an. Wir necken uns immer und betiteln uns gegenseitig als „Gastarbeiter“ am Telefon. Ist halt unser Humor. Jedenfalls fragte ROY mich , was das denn für ein Wort wäre, was da die ganze Zeit fallen würde, wenn wir telefonieren. Denn sonst war ja alles in italienisch. Ich erklärte es ihm und er fragte mich, ob das nicht ein gutes Thema für einen Song wäre. Woraus das Stück „Gastarbeiter“ entstand.

 

W: die nächste Station war dann LA KINKY BEAT, die wohl angesagteste Band in Barcelona

 

R: Stimmt. mit ihnen war ich drei Jahre zusammen. Eine tolle Zeit, eine tolle Band. Letztes Jahr bin ich halt nach Dresden zu meiner Freundin gezogen. Wir hatten drei Jahre eine Fernbeziehung geführt, langsam wurde es Zeit Nägel mit Köpfen zu machen. Also musste ich LA KINKKY BEAT verlassen. Es gab noch eine große Abschiedsshow mit vielen Gästen (u.a. DAMNY von LA PHAZE) und viel Tränen. Nun bin ich hier.

 

W: Du hast mittlerweile eine Soloplatte rausgebracht, LA CONEXIÒN. Gleich ein Doppelalbum mit reichlich Gastmusikern, wie CHE SUDAKA, FERMIN MUGURUZA, AMPARANOIA, und natürlich LA KINKY BEAT. In Anbetracht das Du mit La MARAQUINA nun eher Combatrock machst, kann man die CD als eine Art Abschluß mit deiner Vergangheit ansehen?

 

R: Hmm, Ja und Nein. Das Album ist auf der letzten Tour mit LA KINKY BEAT entstanden. Die Tatsache das ich eine Band gesucht habe ohne Electro heisst ja noch lange nicht das ich für alle Ewigkeit keine Lust mehr auf Electro und Mestizo habe. Es ist ja auch ein Unterschied ob ich als DJ Cumbia auflege oder ob ich es spiele. Aber das Album läuft sehr gut. Besonders in Mexico und Südamerika. Warscheinlich weil wir mit LA KINKY BEAT dort eine große Tour mit FERMIN MUGURUZA gemacht haben.

 

W: Auf jeden Fall ist das Album eine runde Sache und kommt auf Partys immer wieder gut an. Du veröffentlichst auch regelmäßig ganze Sessions auf Deiner myspaceseite (www.myspace.com/barriobeat) zum Gratisdownload. Es lohnt sich deinen Blogg zu abbonieren. Damit stehst Du in der Tradition mit Bands wie CHE SUDAKA oder LA PEGATINA, die ganze Alben online gestellt haben. Habt grad Ihr Patschnaka-Künstler eher einen lockeren Umgang mit dem Filesharing?

 

R: Patchanka hat es moment recht schwer. Der Balkan Beat hat uns eine Menge Publikum gekostet. Irgendeinen Weg muß man ja finden seine Musik bekannt zu machen. Ich hab auch kein Problem mit Filesharingseiten wie Rebelsounds.

Ich hab die Jungs mal kennenglernt. Es waren zwei so kleine Mexicaner, die richtig Angst vor mir hatten, ich könnte sauer auf sie sein (lacht).

 

W: Nun hast Du, wie bereits erwähnt, eine neue Band am Start. Sinnigerweise aus Madrid. Wie kam es zu LA MAQUINA?

 

R: Die Idee dazu entstand in Berlin am Rande eines Konzertes. Ich war gerade von Barcelona nach Dresden gezogen.

Ich kam mit jemand von einer befreundeten Booking-Agentur ins Gespräch. Und erzählte das ich wieder eine Band suche. Diesmal aber weniger Electro. Weil davon hatte ich zu dem Zeitpunkt die Nase voll. Ich wollte wieder mehr Patchanka mit Rock n Roll machen. Er erzählte mir das er zusammen mit SADNDOKAN von BANDA BASOTTI und zwei Katalanen eine Band gegründet habe und noch einen „alten Wolf“ suchen würde. Und schon waren LA MARAQUINA geboren. Die wenigsten wissen das Sandokan auch ein toller Sänger ist und der Hauptsongschreiber bei Basotti.

 

W: Das war vor einem Jahr?

 

R: Genau. Inzwischen haben wir einige Konzerte und Festivals gespielt und ein Album herrausgebracht (...acciòn)

die Konzerte waren bisher nur in Spanien und in Japan (Fuji Festival). Aber wir planen für dieses Jahr eine große Tour. Auch durch Mexico, Europa und wieder Japan.

 

W: Ich hab gesehen, das Ihr ein paar Shows mit BOIKOT gespielt habt?!

R: wir haben zwei super Gigs zusammen gespielt. Hot shit! BOIKOT rockt wie sau.

 

 

W: Geiles Package! Wie schafft ihr es denn mit den Proben auf die Entfernung?

 

R: das ist wirklich nicht einfach. Da wir keine Electromucke machen läuft bei uns wenig über Internet. Aber vor Konzerten treffen wir uns immer drei Tage vorher und klotzen in der Zeit richtig rein. So 12 Std am Tag proben. Bei Konzerten läuft dann die Maschine rund. Wir sind ja alle keine jungen Hüpfer mehr. Wir haben ja alle auch schon in ziemlich grossen Bands gespielt, so das wir schon die nötige Disziplin an den Tag legen, das wir die Auftritte nicht versemmeln wollen.

 

W: und wie läuft das mit dem Songwriting auf die Entfernung?

 

R: meist schickt mir jemand ein paar Riffs mit Electrodrum und ich schreib dann die Zeilen dazu, das ganze schick ich dann wieder weiter an unsern Schlagzeuger. So entstehen die ersten Demos und beim nächsten Treffen versuchen wir die Songs einzuspielen.

Sowas funktioniert auch nur weil wir schon alte Hasen sind. Eine junge Band würde so nie arbeiten.

Ich hab da ein gutes Gefühl bei der Band.

Es geht halt wieder zu den Wurzeln. Wir haben uns gefragt, wie haben THE CLASH angefangen.

Geile Mucke, einfache Mucke. Nicht immer gut gespielt, aber auf den Punkt. Ich bin stolz drauf die alten THE CLASH noch live gesehen zu haben.

Meine Freundin sagt, wir wären wie die Hippies früher (lacht)

 

Ich bedanke mich für das Gespräch. 

 

Thomash www.myspace.com/lamaquinaofficialsite