Special Interviews

Richard Tabor - Sänger der The Busters 2000 - 2009

"Was ist aus ... geworden?" für das Dynamite Magazin

(hier exklusiv in ungekürzter Fassung!)


13. November 2011

 

Stammdaten
Name: Richard Tabor
Alter: 35
Familienstand / Kinder (Alter): verheiratet, 0 Kinder
Ausbildung: gelernter Werbefachmann und Kommunikationswirt, Lehramtsstudium an der Uni
Beruf: Lehrer
Wohnort: in der Nähe von Heidelberg
Bandmitgliedschaften (Jahre): ca. 10 Jahre
Instrumente: Gesang und eine Tour auch Gitarre
 
Teil 1: Rückblicke
Wie bist du zum Ska (auch Gesang) und damals zu den The Busters gekommen?
Indirekt über meine Schwester und ihren Freund. Die drückte mir vor Ewigkeiten eine Kassette mit Madness Songs in die Hand, ein paar Jahre später drückte mir ein Bekannter eine Kassette mit traditional Skasongs in die Hand. Ab da wars geschehen. Specials, Selecter, Toots and the Maytals, im Grunde genommen zunächst alles was nur annähernd einen Offbeat hatte. Als Wieslocher ist man nicht an den Busters vorbeigekommen, aber gehört hab ich die damals nicht.  Zum Gesang bin ich durch meine erste Band gekommen. Wir haben alte Skagassenhauer gecovert und auch irgendwann mal angefangen eigene Songs zu komponieren. Ich habe gesungen und Gitarre gespielt, allerdings hat sich das ganze Projekt durch diverse Abgänge aufgelöst.


Was war dein musikalisches und persönliches Highlight im Rückblick?

Oh, da gibt es viele. In Erinnerung bleiben da sicherlich große Festivals mit tollen Künstlern, wie z.B. Chiemsee Reggae oder Taubertal Festival, aber auch unser 15 jähriges Open-Air in Wiesloch u.a. mit Farin Urlaub. Als persönliches Highlight werde ich ganz sicherlich nie unsere kleine Tour in Japan vergessen. Das war Rock-n-Roll. Aber auch Studioaufnahmen mit Leuten wie RingDing oder eben Farin Urlaub. Natürlich auch unvergessen unsere unzähligen Tourkonzerte, da gabs jedes Jahr schöne Highlights.


Konntest du davon leben?
Nicht wirklich. Teile einen Kuchen durch 12 und ernähre noch 3-4 Crewmitglieder…da bleibt nicht viel übrig.


Was waren deine, eure Ziele?
Ein schönes Ziel wäre es natürlich gewesen davon vernünftig leben zu können. Nenn es kommerzieller Erfolg, von mir aus. Aufmerksamkeit im Radio oder Fernsehen. Ich denke davon träumt jede Band irgendwann mal. Dieses Ziel haben wir z.T. leben dürfen, aber ganz gereicht hat es nicht. Und es wird immer schwieriger. Aber dennoch hat es die Band geschafft sich einen guten Ruf zu erspielen und für eine Band ohne nennenswerte mediale Präsenz sich dann doch eine ganz ordentliche Zuschauerbasis erspielt.


Was bedeutete es, als Sänger in der bekanntesten, deutschen Ska-Band zu spielen?
Zunächst ist es eine enorme Verantwortung. Man muss sich auskennen mit der Musik, die man macht, nicht nur weil man Interviews führen muss, sondern auch weil unsere Wurzeln von da kommen. Man muss sich mit dieser Musik zu 100% identifizieren, sonst kann man sie auch nicht leben und auch nicht präsentieren. Außerdem ist man so etwas wie ein „Vorbild“ für jüngere Bands. Die durchlöchern einen natürlich mit Fragen. Als Ska- und Busterssänger ist man halt nicht einfach „nur“ Sänger.


Welche Einflüsse hattest du, die Musik zu beeinflussen?
Das ist eine schwierige Frage, die vielleicht von Außenstehenden besser zu beantworten wäre. Ich habe sicherlich nicht versucht die Musik zu verändern, aber was mich schon immer bei Skabands gestört hat, ist dieses „wir-müssen-jetzt-lustig-auf-der-bühne-sein“ Image. Ist fast schon ironisch, dass ich das als ehemaliger Busters-Sänger sage, weil wir ja auch als Partyband verschrien waren, aber von diesem Image wollte ich wegkommen. Die Busters bestehen aus unheimlich genialen Musikern, die es verdient haben im Mittelpunkt zu stehen, von daher war es mir als Sänger sehr wichtig die Musik in den Vordergrund zu stellen und damit auch das Kollektiv The Busters, also weg vom „Haha-hoppeldihopp-Image“ und die Leute auch dazu bringen genauer hinzuhören. Ich denke auch, dass ich ein eher zurückhaltender Sänger war. Im Mittelpunkt stehen, Rampensau spielen, das war nie mein Ding.


In deiner 10-jährigen Mitgliedschaft bei den The Busters, was war deine Lieblings-CD, die ihr produziert habt?
Ich kann jeder CD etwas abgewinnen. Jede hat ihre eigene Geschichte und ich kann jederzeit jede CD ohne schlechtes Gewissen hören. Müsste ich ein Ranking erstellen, dann wäre Revolution Rock an Nummer 1 gefolgt von Double Penetration. Bei Revolution Rock habe ich das erste Mal alleine gesungen, wir haben uns eine Woche in Wien ins Studio eingeschlossen und drauf losgejammt. Und bei Double Penetration gefallen mir die Lieder einfach sehr gut.


Zwischen 2005 und 2009 hast du mit Ron Marsmann zusammen gesungen. Wie war das? Ist das dann schon der geplante Übergang gewesen?
Zunächst einmal war die Belastung für mich als alleiniger Sänger zu groß. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch schon angefangen zu unterrichten, was das Touren unheimlich erschwert hat. Ron war vorher schon als Sänger im Gespräch, sagte aber aus persönlichen Gründen ab. Erst später haben wir ihn überreden können, von einem Übergang kann man aber nicht sprechen. Am Anfang war es ungewohnt. Als alleiniger Sänger hat man immer das Gefühl, dass man die Lücken zwischen den Liedern füllen muss, bzw. man hat weniger Pausen. Mit Ron musste ich erst einmal wieder lernen mich hier und da zurückzunehmen. Gleichzeitig war es eine enorme Entlastung für die Stimmbänder. Und für das Publikum auch noch eine Abwechslung. Wir haben uns vor der Tour immer wieder Gedanken gemacht, wer welchen Teil übernimmt und irgendwann war das dann auch eingespielt.
 

Teil 2: Rückzug
Du warst zwischen 2000 und 2009 Sänger der The Busters. Was waren die Gründe für dich, die The Busters zu verlassen?
Hauptsächlich waren es berufliche Gründe. Wie gesagt, war es z.T. sehr schwierig Beruf und Musik unter einen Hut zu bringen. Da waren z.T. halsbrecherische Fahrten auf der Autobahn dabei, um pünktlich auf der Bühne zu sein. Ich habe dann selber gemerkt, dass es sehr schwierig war, mich zu entspannen und das Konzert als solches zu genießen. Ebenso gab es aber auch Differenzen mit dem einen oder anderen Bandmitglied, v.a. was Performance und musikalische Entwicklung anging. Ich habe die Band in einer Sackgasse gesehen, sowohl musikalisch als auch tourmässig, mit relativ wenig Mut zu Neuem. Hier hat sich leider für mich sehr wenig geändert und ich dachte mir am Ende, dass es den Stress, den ich mir durch die Doppelbelastung gebe, nicht mehr wert ist. Und so kam auch kurz nach Tourende für mich auch der Entschluss leise abzutreten. Es war mir auch wichtig den Abgang nach der Tour zu machen, um so ein Tamtam um meine Person zu vermeiden und so hat sich das dann auch glücklicherweise alles in Grenzen gehalten und keiner konnte mich zum Weitermachen überreden.

 

Fehlt dir die Publicity und das Touren?

Natürlich. Als Musiker bekommt man direkt ein Feedback. Man freut sich immer über Menschen, die tanzen und mitsingen. Und wenn die Bude dann voll ist, die Leute und Band schwitzen, dann war es ein erfolgreicher Abend. Die Tour war natürlich immer ein kleines Highlight am Ende des Jahres. Man probt vor der Tour viel, macht sich Gedanken über das Programm, integriert neue Lieder, ist gespannt auf Reaktionen, trifft alte Bekannte oder man freut sich auf die eine oder andere Stadt. Und es war ein Gegenpol zum Alltagsleben. Man lebt quasi in einem Mikrokosmos und genießt für diesen Zeitraum natürlich die Aufmerksamkeit.


Die Zeit bei den The Busters bedeutete dir für dein jetziges Leben? ...
Eine schöne Vergangenheit auf die ich gerne zurückblicke, und die mir viel für mein Selbstvertrauen gegeben hat. Gleichzeitig habe ich viele tolle Menschen (auch Fans) kennengelernt zu denen ich heute noch recht guten Kontakt habe.

Teil 3: Das Hier und Jetzt
Was machst du zurzeit beruflich?
Ich bin Lehrer an einem Gymnasium.


Kennen deine Schüler die "The Busters"? Gibt es schlechte Noten, wenn sie nicht alle Busters-CDs auflisten können? ;-)
Haha. Vermutlich hätte das eine oder andere Bandmitglied ebenfalls Probleme die alle der Reihe nach aufzulisten mittlerweile. Als ich noch aktiv war, war das natürlich für die Schüler spannender und es war nicht selten, dass da auch bekannte Gesichter auf den Konzerten waren. Heute können die Kids das Ganze auch auf youtube verfolgen. Interessanterweise kennen eher die Eltern meine Schüler die Band…haha. Vor kurzem kam ein Schüler aus der 10. Klasse zu mir und zeigte mir ein Bild auf dem ich mit seiner Mutter auf einem Konzert zu sehen war…nein ich bin nicht der Vater dieses Kindes... Natürlich habe ich versucht die musikalischen Geschmäcker zu beeinflussen, aber Ska ist nicht unbedingt die Nummer 1 bei den Kids heutzutage (auch nicht damals). Dennoch sind viele Schüler neugierig geworden und sind größtenteils sehr angetan von den Konzerten.


Welche Fächer unterrichtest du in welcher Stufe?
Ich unterrichte Englisch, Geografie, Naturwissenschaft und Technik, Wirtschaft; Klassenstufen 5-13.

Hat sich dein Privatleben wesentlich geändert?
Ja, auf jeden Fall. Es bleibt viel mehr Zeit für die Familie übrig und meine Urlaubsplanung richtet sich nicht mehr nach dem Busters Tourplan. Ich würde sagen, dass mein Leben auch insgesamt ruhiger geworden ist, was nicht unbedingt schlecht sein muss. Man kann seine Prioritäten wieder verschieben, mehr Sport machen, schon ein bisschen „freier“ Leben


Hast du noch Kontakt zu den Bandmitgliedern? Welchen?
Ja, interessanterweise wohnen ein paar hier im Ort. So läuft man sich natürlich gelegentlich übern Weg. Guten Kontakt habe ich noch zu Rolf (Bass), Jesse (Percussion), aber auch zu den beiden ehemaligen Mitgliedern Fischi und Quitte.


Seit Sommer 2000 habt ihr mit dem Ärzte-Gitarristen Farin Urlaub zusammen gearbeitet. Stehst du noch mit Farin Urlaub in Kontakt?
Nein. Das war der Verantwortungsbereich der Bläser, die auch im Farin Urlaub Racing Team unterwegs sind. Mit Farin hatte ich lediglich bei der Produktion von Evolution Pop mehr zu tun. Er hat mit uns ein paar Songs aufgenommen und Rat als Produzent gegeben.


Sind bei dir noch Musikprojekte am Start?
Hier stehe ich mir vermutlich selbst ein wenig im Weg. Aus zeitlichen Gründen kann ich kein full-time Projekt mehr starten. Gleichzeitig möchte ich auch keine halben Sachen machen, von daher habe ich beschlossen einfach die Finger von zu lassen. Es gibt immer wieder kleinere Geschichten, mal hier mal da singen, aber nichts Festes.

 

Ich muss auch gestehen, dass ich ganz froh bin Abstand vom ganzen Business zu haben. Es waren zwar gerade mal knappe 10 Jahre, aber dennoch sehr intensive Jahre mit allen Höhen und Tiefen. Aber vor knapp 2 Jahren hat Fischi ein kleines Kindermusikal auf die Beine gestellt. U.a. war auch Klaus Huber dabei. Das hat unheimlich viel Spass gemacht…. Geheimtipp: Die Abenteuer der Rasselbande.


Sicherlich bist du noch auf Konzerten als Zuschauer unterwegs. Auf welchen Konzerten warst du in den letzten Monaten? (Stil, Bands, Hightlights)
Ska, The Specials
Funk/Rock, Red Hot Chili Peppers.
Ich habe wieder gelernt, Konzerte zu genießen und zu erleben. Zu Busterszeiten war das sehr schwierig, da ich zu kritisch war und zu viel verglichen habe. Mittlerweile gehe ich wieder regelmäßig auf Konzerte.



Quelle: www.outback-magazin.de

 
Teil 4: Ausblick
Stehen zukünftig musikalische Projekte an?
Momentan nichts.


Was sind deine beruflichen und privaten Ziele? Wo siehst du dich in fünf Jahren?
Meinen Unterricht zu optimieren und dafür zu sorgen, dass unser Nachwuchs auch was Ordentliches lernt. Privat geht es mir ziemlich gut, da kann ich nicht klagen. In fünf Jahren seh' ich mich hoffentlich in Australien oder Tasmanien, das sind meine Fernziele. 


Aus der Mitgliedschaft bei den The Busters hast du für die Zukunft gelernt, dass ...
nicht alles Gold ist was glänzt. Und nicht jeder Freund ein Freund sein muss.

Gibt es etwas, was du der Musik-Szene, den Musikern und Fans mitteilen möchtest? ...
Ska ist für mich ein Teil meines Lebens. Ich bin mit dieser Musik groß geworden, habe sie schätzen und lieben gelernt. Aber, es ging mir immer um die Musik. Ich brauche keine besonderen Kleider oder Schuhe zu tragen, um mich damit identifizieren zu müssen. Die Musik soll im Mittelpunkt stehen und nicht die Farbe der Gitarre oder der Tanzstil des Sängers. Jede Band soll die Art von Musik, von Ska machen, zu der sie steht, und nicht nach der irgendwelche Puristen rufen. Man kann Musik und Ska nicht nach persönlichen Wünschen und Anregungen definieren.

 

Vielen Dank für das ausführliche Interview und alles Gute und Gesundheit für die Zukunft!

 

DerDUDE

___________________________________________________________________