Yellow Cap - Pleasure (2014) Yellow Cap - Pleasure (2014)

Interview mit Yellow Cap anlässlich Ihrer neuen Veröffentlichung "Pleasure" (17.01.2014) - Original und ungekürzt.

 

Bereits seit 1998 existiert die neun Mann starke Ska-Reggae-Band Yellow Cap aus dem östlichsten Teil der Republik. Spass und Kreativität gehören ebenso zu ihren vielseitigen Eigenschaften wie Professionalität und soziales Engagement. Vor wenigen Tagen erschien mit "Pleasure" die fünfte Veröffentlichung der sympathischen Combo, deren Mitglieder mittlerweile aus Görlitz, Dresden und Berlin stammen. Mehr als ein spannender Grund, mal mit Sänger Kay Natusch und der Band ein Wörtchen zu reden.

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Etwas scherzhaft habt ihr mal geäußert, dass ihr euch Yellow Cap genannt habt, weil der Name "Black Sabbath" schon vergeben war. Ich vermute ja schon fast einen Fehler und es sollte wirklich "Yellow Cab" heissen, was ihr ja auch im dritten Song der neuen Scheibe besingt. Aber mal im Ernst, wie kam es zu der Namensgebung?

Haha… Ja, Deine Annahme ist gar nicht so weit hergeholt. Zu Beginn haben wir uns wirklich "Yellow Cab" genannt. Leider mußten wir aber nach kurzer Zeit feststellen, dass dieser Name leider schon vergeben und geschützt war, also haben wir das "b" einfach umgedreht. Bis jetzt hat uns das zum Glück niemand übel genommen. Es hat nur den Nachteil, dass wir ständig gefragt werden, warum wir keine gelben Mützen auf der Bühne tragen. Eigentor würde ich sagen.

Euer Stil wird als "partytauglicher Uptempo-Ska im Busters/Toasters-Style" bezeichnet. "Die östlichste Ska-Band Deutschlands".  Da stecken ganz schön viele Klischees und Schubladen drin, oder?

Na ich würde mal sagen, Klischees sind da, um sie zu bedienen. Aber mal ganz ohne Quatsch, unsere Gründungsstadt "Görlitz" ist wirklich die östlichste Stadt und die Busters und auch die Toasters haben unseren Musikstiel grundlegend geprägt. Das ist die Musik, die wir auf und ab gehört haben, als wir uns entschieden haben, gemeinsam Musik zu machen. Jedoch haben sogar wir uns in 15 Jahren Bandgeschichte weiterentwickelt und es macht uns 'ne Menge Spass, immer wieder neue musikalische Vorlieben einfließen zu lassen und auszuprobieren. Ich bilde mir ein, dass unsere Musik genau davon lebt.   

Auf die Landkarte blinzelnd passt keine Schuhbreite mehr zwischen Görlitz und den europäischen Nachbarn und Freunden in Polen. Auf der anderen Seite findet man bei Recherchen zu euch kaum personelle oder musikalische Einflüsse aus den östlichen Regionen. Wie kommt das?

Keine Ahnung, wahrscheinlich, weil wir niemand gefunden haben, der Geige und Schifferklavier spielen kann. Das haben uns unsere Fans auf unseren beiden Osteuropatouren aber nie übel genommen. Also haben wir uns eher in Richtung wärmere Gefilde orientiert. 

"Auch wenn es manchmal schwierig ist, arbeite dran, kämpfe für dein Ziel und vergiss nicht, dass Leben zu geniessen."

In einem Interview in 2006 war die Antwort auf die Frage, welche Botschaft ihr vermitteln wollt: "Auch wenn es manchmal schwierig ist, arbeite dran, kämpfe für dein Ziel und vergiss nicht, dass Leben zu geniessen." Hat sich an der Botschaft etwas geändert?

Nein, die steht wie ein Fels in der Brandung. Ich hätte nur nicht gedacht, dass wir bereits 2006 schon so weit waren ;o)

Sänger Kay, die Anfänge und das Mighty-Sounds-Festival

Kay, du warst elf Jahre jung als die Mauer fiel. Welche Erinnerungen hast du an die alte DDR und die Musikszene?

Leider kann ich mich nur sehr dunkel an Details erinnern. Damals habe ich mir eher heimlich geschmuggelte ACDC- oder Slayerplatten von meinem Bruder angehört. Solche Bands wie Karat, City, Keimzeit oder Stern Meißen war eher was für meine Alten.

Zugegeben kenne aber auch ich noch ein paar alte Ska-Bands aus dem Osten. Von einer gibt es ein markantes Lied, was mit dazu beigetragen hat, mich vom Punk zum Ska & Reggae zu bewegen. Das war „the peace is wonder“ von Messer Banzani. Eine andere Band war aus Ost-Berlin und nannte sich Michele Baresi. Soweit ich weiß, sind Teile beider genannten Bands Gründungsmitglieder der Far East Band, welche lange die Backingband von Gentleman war. Und Pioneer, einer der Sänger von Messer Banzani, ist immer noch sehr intensiv im Reggaebereich mit Germaican Records (Leipzig) aktiv.

 "[...] heimlich geschmuggelte ACDC- oder Slayerplatten von meinem Bruder angehört."

Neun Jahre später wurden Yellow Cap aus der Taufe gehoben. Erst 2003 erschien das erste Album "Doesn't Matter". Wie würdest du die Zeit in der Gründungphase beschreiben? Warst du zum Sänger geboren?

Um Gottes Willen, nein, das war ich bestimmt nicht. Eigentlich wollte ich bei Yellow Cap nur Gitarre spielen und zu der Musik feiern, die ich liebe. Leider kam zur ersten Probe jemand, der es besser konnte als ich. Blieb also nur noch Singen.

Unsere Bandgründung war klassisch für die Zeit. Einige von uns sind regelmäßig zu Ska-Konzerten gefahren und wenn mal keine stattgefunden haben oder wir kein Geld mehr in der Tasche hatten, haben wir uns gemeinsam zu Platten der Busters, Toasters, Mr. Review und Dr. Ring Ding das eine oder andere Kaltgetränk in unserem Lieblingsclub schmecken lassen. Dort hatte Larry (Drummer) auch als Erster die zündende Idee, es einfach mal selbst mit Ska auszuprobieren. Dazu muss ich aber auch sagen, dass 1998 im Gegensatz zu heute, die Ska-Szene eine andere war und geradezu kochte.

Du bist nicht nur Sänger der Yellow Caps, sondern seit 2008 auch im Organisationsteam des Mighty-Sounds-Festivals in der Tschechischen Republik. Was treibst du dort und welche Verbindung gibt es zu den Yellow Cap?

Yellow Cap hat eigentlich nicht viel mit dem Mighty-Sounds-Festival zu tun. Jedoch haben wir bereits zweimal dort gespielt und sind jedes Jahr aufs neue begeisterte Besucher des Festivals.

Ich selbst habe in Verbindung mit meinem Kultur und Management Studium im Jahr 2008 ein Praktikum bei Mighty Sounds in Prag gemacht. Dabei habe ich Feuer gefangen und meiner Meinung nach keinen schlechten Job gemacht. Außerdem trifft das Festival genau meinen Musikgeschmack. Aus diesem Grund bin ich immer noch mit Herzblut dabei und mache die deutsche Promotionarbeit für das Festival.

Vom Touren am Zuckerhut und in heimischen Gefilden

Vor den Studioaufnahmen für das Album "Pleasure" wart ihr im Februar 2013 drei Wochen in Brasilien auf Tour. Wie kommt eine Band zu so einer überseeischen und fantastischen Tour? Wie waren eure Eindrücke und Erfahrungen?

Es war einfach der Wahnsinn und ein riesen Abenteuer. Unsere Eindrücke kann ich kaum in Worte fassen, denn wir alle waren so geflasht, glückselig und konnten gar nicht begreifen wie uns geschieht. Das Publikum hat uns gefeiert als wären wir Könige. Alle Menschen waren so zuvorkommend und herzlich, haben gegeben was sie konnten, immer positiv und guter Dinge. So etwas kenne ich aus Europa einfach nicht. Noch dazu kam die paradisische Vegetation und Temperaturen, die man im Februar in Deutschland leider nicht erwarten kann.

Wie wir dazu gekommen sind?! Ich kümmere mich ja seit 2011 um das Management der Band und habe außerdem eine große Vorliebe für die brasilianische Kultur und übe regelmäßig einen brasilianischen Kampftanz aus, der sich "Capoeira Angola" nennt. Dadurch habe ich sehr oft mit unterschiedlichen Brasilianern zu tun. Eines Tages habe ich den Kulturmanager Fred Furtado aus Belo Horizonte kennengelernt. Wir verstehen uns super und haben sehr viel gemeinsam. Ich habe ihn einfach gefragt, wie wir meinen Traum von einer Tour in Brasilien umsetzen können und los ging es.

Nächstes Jahr fahren wir im übrigen wieder im Februar nach Brasilien und freuen uns schon jetzt auf jede Menge neue Abenteuer und den Karneval.

"Alle Menschen waren so zuvorkommend und herzlich, haben gegeben was sie konnten, immer positiv und guter Dinge. So etwas kenne ich aus Europa einfach nicht."

Was nimmt man von so einer speziellen Tour, dem Land und den Leuten mit? Hat sie eure Musik beeinflußt?

Meiner Meinung nach kann man sich von den Brasilianern eine Menge mitnehmen, z.B. die Lebensfreude, die Genügsamkeit, die Mischung aus Temperament und Entspanntheit, das zwischenmenschliche Verhalten, die Beziehung zur Musik und ihr Kulturbewußtsein.

Na klar hat die Tour unser neues Album beeinflußt. Der Song "Gabriela" z.B. ist in einem 400 Seelen-Dorf entstanden, was sich an der Costa Verde, also direkt am Strand umgeben von paradisischem Küstendschungel befindet. Dort wurde auch "Am Strand" fertig geschrieben. Desweiteren haben wir nicht zuletzt für unsere brasilianischen Fans "Gabriela" auch auf Portugiesisch aufgenommen. Wer sich den Song "Boys in Town" anhört kann ganz gut nachvollziehen, wie wir uns dort gefühlt haben.  

Ihr wart gerade im November und Dezember 2013 unter dem Motto "Final Dance" auf Tour. Irgendwelche verrückten Erlebnisse gibt es immer, oder?

Auf jeden Fall! Ganz besonders, wenn man in Tschechien und Bayern unterwegs ist. Wenn die mal richtig anfangen zu feiern, wird aber auch ausgetrunken, wenn Du weißt was ich meine. Auf der Tour ist uns ein Konzert abgesagt worden, also haben wir uns entschieden ganz spontan ein Wohnzimmerkonzert bei Leuten zu spielen, die wir vorher nicht einmal kannten. Dieser Abend ist als unendlicher Spass, toxisch und grenzenlos in die Geschichte eingegangen. Genauso wie die ganze "Final Dance" Tour.

Schon geografisch bieten sich auch Kontakte und Gigs in Osteuropa wie z.B. Polen, Kroatien oder Bulgarien an. Gibt es dort markante Unterschiede in der Wahrnehmung und Akzeptanz eurer Musik?

Also ohne auf die Kacke zu hauen, in Osteuropa zu Touren macht einen riesen Spass. Das Publikum ist unendlich dankbar, tanzwütig und die Einstellung zum Feiern ist ähnlich wie die der Tschechen. Das heißt, wenn gefeiert wird, dann richtig. Halbe Sachen sind etwas für Weicheier. Egal ob wir in Osteuropa auf großen Festivals oder in Mini-Clubs gespielt haben, es war immer ein toxisches Fest und ein voller Erfolg. Man sollte jedoch mit Vodka, Rakija, Slivovic und Palinka umgehen können. Natürlich nur, damit man die Gastfreundschaft nicht verletzt.

"[...] wenn gefeiert wird, dann richtig. Halbe Sachen sind etwas für Weicheier."

"Pleasure" und die heiligen, göttlichen Hände des Doktors

Vor wenigen Tagen ist euer neues Album "Pleasure" erschienen. Ein recht einfacher, simpler Titel. Um mehr geht es nicht?

Der Name ist Programm, genau wie bei "Like It Or Not". Der Name "Pleasure" ist aus der Zeit entstanden, die wir als Band miteinander verbringen konnten und hoffentlich noch lange können. Das ist uns grundsätzlich ein riesen Vergnügen und wir haben dabei jede Menge Spass am Musik machen. Wenn wir damit auch bei unserem Publikum bzw. unseren Hörern landen und dieses Gefühl weiter geben können, haben wir das Klassenziel erreicht.

Was erwartet den geneigten Hörer musikalisch und inhaltlich?

Zu dieser Frage hat unser Gitarrist Christoph bereits die perfekte Antwort formuliert, deswegen möchte ich ihn hier gern zitieren: "Mit vielfältigen Eindrücken und Ideen der letzten zwei Jahre im Gepäck sind 13 Songs entstanden, die die Ska-Tradition der neunköpfigen Formation aus Dresden, Berlin und Görlitz fortsetzen, aber genauso weiterentwickeln. Die Wurzeln im Rocksteady gewinnen an Bedeutung, genauso haben aber der brasilianische Sommer und der sibirisch-kalte deutsche Winter ihre Spuren hinterlassen."

In der Ankündigung zum neuen Album wird von einer "Schlußproduktion" gesprochen, wo Dr. Ring Ding das Album mit "göttlichen" und "heilenden Händen segnet".  Ist da die Wortakrobatik mit dem entzückten Autor durchgegangen oder was hat es mit diesen heroischen Einflüssen auf sich? Bereits beim Album "Take It Or Not" hatte der Doktor ja seine Finger im Spiel.

Naja, das soll einfach unsere Dankbarkeit dem Doktor gegenüber ausdrücken. Wir haben es selten mit so professionellen, lustigen und kreativen Menschen zu tun. Und genau aus diesem Grund wollen wir auch mal ein Fleißbienchen an ihn verteilen.

Bei "Like It Or Not" hat Richi mit produziert, d.h. er hat im Studio dabei gesessen und seine Bedenken, Wünsche und Vorschläge geäußert. Bei "Pleasure" war es eher so, dass er den geschliffenen Diamanten am Ende, also vorm Mastering der Scheibe, nochmal poliert hat.

"Schön Daneben"

Eines der Bonustracks lautet "Schön Daneben".  Er stammt von einer gleichnamigen Single, die Ende November 2013 erschien und dazu aufruft, Pfandflaschen neben die Mülltonnen zu stellen. Es gab sogar eine Mini-Tour hierzu. Was hat es damit auf sich?

Larry unser Drummer wohnt in Berlin, wo die Kampagne ja entstanden ist. Er fand die Idee gut, hat einen Song dazu geschrieben und Kontakt mit den Jungs von „Pfand gehört daneben“ aufgenommen. Die waren begeistert, dann entstand ein Video zur Kampagne und die dazugehörige Tour ließ nicht mehr lange auf sich warten. www.pfand-gehoert-daneben.de

 

Stärkung der Subkultur

 

Ihr habt bereits mit den The Busters, Laurel Aitken, Mr. Review, Desmond Dekker, den Toasters, den Aggrolites und den Skatelites und vielen Anderen zusammen gespielt. Welche Wünsche sind da für die Zukunft noch offen?

So oft wie möglich auf guten Bühnen zu spielen, um möglichst vielen Leuten ein Stück von unserer Freude am Musik machen mitgeben zu können. Und natürlich, um eine Musikszene und Subkultur zu erhalten, die in Deutschland in den letzten Jahren leider sehr abgenommen hat. 

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Line-up

Kay Natusch, Vocals

Lars Friedrich, Drums

Clemens Voyé, Bass

Christoph Ernst Schulz, Gitarre

Peter Moewes, Keybords

Thomas Petz, Saxophone

Joerg Fiedler, Trompete

Sebastian Pankotsch, Trombone

Thomas Kuehn, Percussion

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Diskografie

Doesn´t Matter, John Silver Verlag 2004, CD

LIVE!, John Silver Verlag 2005, CD

Up to explode, John Silver Verlag 2007, CD

Like It Or Not, Pork Pie (Broken Silence) 2010, CD

* Aktuelles Album *

Pleasure, Pork Pie (Broken Silence) 2014, CD