This is Ska - Festival

Krzysztof Gajewski Quelle: Krzysztof Gajewski

Grunddaten

 

Festivalname: THIS IS SKA

Art: Open Air  

Monat des Interviews: Februar 2017

Interviewpartner: Jörg Folta, Lars Kranenkamp

 

Ort/Stadt: Rosslau, Dessau

Webadresse: www.this-is-ska.de

Datum: 22.-24.06.

Anzahl Festivaltage: 3 (neu)

Anzahl der Besucher:

Eintritt: Kombiticket/Tagesticket

Camping: JA

Anzahl bisheriger Festivals: 20

Datum erstes Festival: Sommer 97

Musikstile: Ska, Reggae, Rocksteady, Soul

Anzahl Bands: 20 + x

 

Inhalt I - Entstehungsgeschichte:

 

Wie seid Ihr auf den Festivalnamen gekommen?

Das war 1997 und die Ska-Wortspielhölle war bereits eröffnet. Und der Bandname „Die Skaninchen“ war nur die Spitze des Eisberges. Wir haben im Gegensatz dazu etwas unprätentiöses und trotzdem mitreißerisches gesucht.

 

Was hat Euch geritten, ein solches Festival auf die Beine zu stellen?

Das, was die meisten Veranstalter umtreibt: ein Festival zu organisieren, bei dem man gerne selbst zu Gast wäre. Skafestivals gab es in den 90ern nicht so viele und so haben wir einfach unser eigenes aus dem Boden gestampft.

 

Was ist die Festival-Philosophie?

Die Szene zusammenbringen und dabei die beliebtesten Bands präsentieren, die das Genre hergibt. Dazu gehören natürlich die alten Hasen, als auch der neue „heiße Scheiß“. Was wir aber immer schaffen: Die alten jamaikanischen Legenden der 60er-Jahre sind bei uns zu Hause. Derrick Morgen, Laurel Aitken, Doreen Shaffer, Stranger Cole - wir hatten sie so gut wie alle bei uns auf der Bühne. Es wird in den nächsten Jahren natürlich nicht einfacher – die letzten Jahre waren enorm verlustreich.  Aber wir werden weiter alles dafür tun, die gesunden und  relevanten Künstler in diesem Bereich von einem Auftritt bei uns zu überzeugen.  

https://www.facebook.com/AmorySalzmannFotografie/ Quelle: Amory Salzmann Fotografie

Wie sieht das Zielklientel aus? (regional, überregional, Typen)

Unser Ziel ist es, gute Leute bei uns zu haben. Am Ende des Tages ist es doch egal, ob einer im Fred Perry oder in der Regenjacke da steht. Wenn sie/er Spaß hat und wir mit unserem Line Up den Nerv getroffen haben, dann ist alles rund. Man wird wohl nicht dazu sagen müssen, dass es vor allem aber ein Ziel ist, kein Faschos dabei zu haben. Da sind wir kompromisslos.  

 

Wie viele Leute arbeiten bei euch mit? Wie viele davon ehrenamtlich?

Am Anfang war das Ganze ausschließlich ehrenamtlich. Das geht heute natürlich nicht mehr. Die Leute am Tresen und ein Großteil der Produktionscrew werden mittlerweile bezahlt. Aber nach wie vor unterstützt uns ein großer Teil der Szene vor allem bei der Promo. Letztes Jahr haben über 300 Leute Flyer für das Festival verteilt. Auch viele Bands, Labels und „Szenegrößen“ helfen beim This Is Ska.

 

Was hat sich im Laufe der Zeit geändert?

Vor allem durch das Internet und die sozialen Medien bekommen wir eine ganz andere Aufmerksamkeit. Menschen aus Russland oder Großbritannien haben unser Festival für ihre Reisen auf dem Zettel und tummeln sich vorher auf unserer Seite oder in Facebookgruppen mit anderen Gästen. Wir wissen, dass wir die Menschen dort abholen müssen, wo sie sich aufhalten und das sind, auch wenn unsere Szene da noch einigermaßen verhalten ist, neben Konzerten und Nightern eben vor allem die Sozialen Netzwerke.  

 

Was waren die bisherigen Topacts? Was ist der kommende Wunschtopact?

Die vielen jamaikanischen Künstler, die bei uns aufgetreten sind – oft exklusiv – gehören natürlich zu den Highlights. Lee Perry, Norma Fraisir, Alton Ellis, Derrick Morgan und Roy Ellis sind nur einige Namen. Aber auch eine Band wie die Hotknives, obwohl mehrfach aufgetreten, begeistert immer wieder und gehört für mich immer noch zu den Highlights jedes Festivals.

Quelle: Drachenkind Fotografie

Welche Bedeutung spielt Ska- und Reggae-Musik bei eurem Festival?

DIE Bedeutung. Es ging immer um Ska in allen seinen Farcetten und um Reggae – hier vornehmlich Old School. Wir werden diesen Schwerpunkt auch niemals opfern, auch wenn wir uns gerade in diesem Jahr ein kleines Stück weit für andere Stile öffnen. Das hat damit, dass wir zum einen statt an den gewohnten 2 Tagen nun auch schon Donnerstag Abend am Start sind – zum anderen aber vielmehr damit zu tun, dass wir Bands, die wir lieben oder mit denen wir befreundet sind, einfach dabei haben wollen. Und wenn diese Soul, offbeatlastigen Punkrock oder Mod spielen, dann legen wir da gern unsere Scheuklappen ab. Wir sind offen, ohne unser „Kerngeschäft“ zu vernachlässigen. 

 

Was unterscheidet Euer Festival von allen anderen?

Ich glaube, der familiäre Charakter ist in der Größe schon sehr einzigartig. Unser Publikum ist total treu und es kommen auch immer wieder neue, junge (unverbrauchte haha) Gesichter nach. Das ist nicht selbstverständlich, da die Bandszene unseres Genres nicht gerade als nie versiegender Quell für frischen Nachwuchs bekannt ist. Im Übrigen muss man hier auch nochmal auf die Location verweisen. Die Wasserburg Rosslau ist ein überragender Ort für so ein Festival. Wir wissen, was wir an dieser traumhaften Location haben und sind sehr happy, immer wieder hier veranstalten zu dürfen.  

 

Habt Ihr schon einmal überlegt, alles hinzuschmeißen?

Bei anderen Festival, die wir organisieren, hatte ich das Gefühl „Es reicht jetzt“ schon öfter – beim TIS aber noch nie. Dafür ist alles zu nett, zu klein, zu sympathisch. Alles – die Gäste, der Szenetratsch, die Künstler, die Wasserburg…..es passt einfach alles.

 

Wo liegen die Grenzen des Festivals? Was würdet Ihr nicht machen?

Ska-P einladen.

 

Gibt es ein besonders verrücktes/lustiges Erlebnis, was Ihr uns erzählen wollt?

Es wird irgendwann ein TIS-Gossipbuch erscheinen, in dem z.B. drin stehen wird, wie Rico versucht hat, in seiner Posaune Gras durch den Flughafen Schkeuditz zu schmuggeln. Oder wie Lee Perry seinen kompletten Auftritt versiebt hat. Aber da müsst ihr noch ne Weile warten.

 

Was war die verrückteste Forderung eines Künstlers?

Das würde ich gerne erzählen, lasse aber aus Gründen der Loyalität und – nennen wir es mal so: Professionalität.

 

Mit welchen Sponsoren arbeitet Ihr zusammen?

So gut wie keine. Die Stadt Dessau und die Beck’s-Brauerei unterstützen uns nahezu als einzige regelmäßig.

 

Die Sponsoren ziehen sich zunehmend aus der Unterstützung der Festivals heraus. Stimmt das? Welche Erfahrungen habt Ihr? Welche Konsequenz hat Eure Erfahrung?

Wir haben noch nie größere Summen bekommen, sondern sind immer am Rande der Rentabilität bzw. am Rande des Bankrotts entlanggeschlittert. Das war vielleicht ganz gut, da wir so früh lernen mussten, wirtschaftlich zu arbeiten. Nicht umsonst haben wir 21 Jahre durchgehalten.

 

Eines der größten Probleme von Festivalmachern sind die Anwohner. Wie geht Ihr damit um? (Kompromisse?)

Ich renne regelmäßig zu Bürgerversammlungen und beruhige bzw. erkläre. Das macht nur bedingt Spaß, hat aber bis jetzt immer geholfen. Außerdem halten wir uns streng an alle Auflagen durch die Verwaltung. Diese unterstützt uns wiederum, wenn es dann doch mal Ärger gibt.

 

Viele Festivalmacher geben relativ schnell auf, wenn sie merken und sehen, wie viel Arbeit so ein Festival machen kann. Was ist Euer Erfolgsrezept?

Die mittlerweile ziemlich gute Mischung aus Herzblut und Routine. Ska-Begeisterung – ohne die geht es beim besten Willen nicht.

 

Was würdet ihr einem neuen Festivalmacher empfehlen, wie er an die Sache herangehen sollte? Worauf muss er/sie achten?

Ich würde jedem empfehlen, etwas Populäres zu machen, mit dem man reich und erfolgreich wird. Also definitiv nichts mit Ska. ;-)

 

Wie fühlt man sich eigentlich, wenn Monate an Vorbereitung beendet und die 1-3 Tage Festival vorbei sind?

Das ist der schönste Augenblick: Sonntagabend nach einem Festival erschöpft ins Bett fallen, bei Bedarf nimmt man zuvor ein Hopfenkaltgetränk oder eine Haschzigarette zu sich.

Quelle: Amory Salzmann Fotografie

Allgemeines und Ausblick:

 

Wohin entwickeln sich zukünftig die Festivals? Immer größer? Immer mehr? Umsonst & Draußen oder Tickets? Usw. Wie sieht ein Festival im Jahre 2020 oder 2025 aus?

Größer geht nicht, die letzten 5 Jahre waren wir fast immer (mehr oder weniger) ausverkauft. Wachsen fällt also aus. Wir versuchen also auf anderem Weg, eine Dynamik und Vitalität in das Ganze zu bringen. Letztlich ist es die Auswahl der Bands und auch die Blicke, die man links und rechts der Skasuppe über den Tellerrand wagt. In der Zukunft werden wir uns definitiv der Frage stellen müssen, was passiert, wenn die alten Helden nicht mehr spielen wollen oder können. Und das ist nicht mehr sooo lang hin…..

 

Es sind zwei Trends zu beobachten. a) reine Genre-Festivals und b) große Mischungen vieler Musikstile. Wie seht ihr die Entwicklung, den Trend?

Genrefestivals sind typisch für unsere Gegend, die gemischten Festivals findet man eher außerhalb. Wie z.B. das großartige Mighty Sounds. Aber auch die Genrefestivals können – wenn sie gut gebucht sind – wirklich cool sein. Wie z.B. das Back To Future. Ich glaube beides wird erhalten bleiben.

 

Wohin entwickelt sich Euer behandelter Musikstil? (Auswirkungen auf das Festival)

Schwierig. Die letzten Jahre waren an wirklich innovativen Bands rar, also Bands, die das Genre nachhaltig voran gebracht haben. Da fallen mir spontan nur Buster Shuffle und die Aggrolites ein. Beides großartige Bands,  die die Fesseln der Subkultur gesprengt haben.

 

Welche anderen Festivals würdet Ihr den Lesern empfehlen?

Das „Back To Future”, das “Destruction Derby”, das “Paddy Wagon Festival”, das “Voice Of Oi!” Festival, die leider verstorbene „Summer Safari“…..

 

Was gibt es Neues auf dem kommenden Festival? Was sind die mittel- und langfristigen Ziele?

Wie viele bereits mitbekommen haben, wurden ein paar Ideen von uns entwickelt, wie wir unser Festival noch attraktiver machen können, ohne am eigentlichen Herz herum zu fuschen. So gibt es am Donnerstag – bislang Anreisetag – auf unserer Zeltbühne bereits ein kleines Programm mit DJs und Livemusik. Wir werden uns außerdem die Freiheit gönnen, mal eine Band zu präsentieren, die zwar nicht direkt ins das Ska-Schema passt, uns aber in ihrer Art und Weise irgendwie nahe steht oder uns sehr gut gefällt. D.h. es wird ab und an ein wenig Northern-Soul, Garage, Beat oder aus Mod zu hören und zu sehen sein - vorrangig auf unserer kleinen Zeltbühne. In Ausnahmefällen aber auch auf der Mainstage: So begrüßen wir in diesem Jahr die wunderbaren The Movement aus Kopenhagen. Die wohl überragendste Mod-Punk-Band dieses Planeten passt zu uns wie Arsch auf Eimer und wir freuen uns, dass die Herren ebenso wenig Scheuklappen zu haben scheinen, wie wir. Darüber hinaus werden wir immer versuchen, euch tolle Festivalstände anzubieten – hier sind wir aber mit langjährigen Partnern wie Moskito Mailiorder (www.moskitoshop.com), Copasetic (www.copasetic.de) und vielen anderen sehr gut aufgestellt. Nichtsdestotrotz: Wir halten die Augen offen und werden immer mal eine neue Perle an Land ziehen.