Grunddaten
Festivalname: Offbeat Offensive
Art: Eintägiges Indoor-Ska-Festival mit 5 Bands (ca. 2-3 mal im Jahr)
Monat des Interviews: November 2015
Interviewpartner: Fabian Ziegler
Ort/Stadt: München
Webadresse: www.facebook.com/MunichSkaFestival
Datum: 13.11.2015
Festivaltage: 1
Anzahl der Besucher: ca. 400
Eintritt: Kombiticket: 9 € im VVK über Bands, 12 € an der AK
Camping: nein (indoor)
Anzahl bisheriger Festivals: bisher 5, das ist #6
Erstes Festival: 13. Mai 2013
Musikstile: Ska, Balkan, Ska-Punk, Reggae, Latin
Anzahl Bands: 5
Inhalt I / Entstehungsgeschichte:
Was hat euch geritten, ein solches Festival auf die Beine zu stellen?
Unsere Idee war, dass es im München eigentlich eine ganze Menge sehr cooler, junger Ska-Bands gibt, die aber irgendwie immer alle alleine vor sich hin wursteln. Daher hatten sich vor knapp drei Jahren vier der Bands zusammengeschlossen, um gemeinsam ein kleines Festival zu organisieren. Das ganze war dann ein derartiger Erfolg, dass wir beschlossen haben, daraus eine kleine Festivalreihe zu machen, um in München wieder so was wie eine Skaszene aufzubauen, damit die Leute, die gerne die eine Band hören, auch mitbekommen, dass München und die Szene hier eigentlich viel bunter ist, als man immer so denkt (selbst in München denken viele, dass hier nix los ist...).
Was ist die Festival-Philosophie?
Es gibt offiziell keinen Veranstalter. Das Festival wird von den Bands organisiert (klar muss das irgendwo bei einer oder zwei Personen zusammenlaufen, sonst wird’s ein Chaos...) und lebt davon, dass die Bands gemeinsam die Werbung machen und die Leute ansprechen und sich dabei auch – ganz nebenbei – alle gegenseitig kennenlernen. Da sind schon eine Menge Projekte oder live- und CD-Gastauftritte dabei rausgekommen.
Wie sieht das Zielklientel aus? (regional, überregional, Typen)
Gar kein typisches Ska-Publikum. Anfangs waren’s überwiegend die Hardcore-Fans der jeweiligen Band, aber es kommen eigentlich immer mehr auch Leute, die einfach von irgendwo irgendwie gehört haben, dass die Offbeat Offensive jedes Mal eine super Party mit einer Wahnsinns Stimmung ist. Da wir einen recht internationalen und bunten Ska hier haben in München (es gibt fast keine traditionelle Rudeboy-Szene mehr hier), ist auch das Publikum oft sehr international, z.T. studentisch, teilweise aber auch älter.
Wie viele Leute arbeiten bei euch mit? Wie viele davon ehrenamtlich?
Im Moment läuft fast alles von der Organisation bei mir zusammen und ich selbst trete meist mit einer meiner Bands dort auf, mache also die anfallende Organisationsarbeit ehrenamtlich, wenn man so will. Da wir nur ein recht kleines Festival sind und als Location immer das Feierwerk anmieten, müssen wir uns keine großen Gedanken mit Bühne, Technik usw machen und alle anfallenden Arbeiten (vor allem natürlich Werbung, Werbung und Werbung) erledigen die 4 lokalen Bands immer gemeinsam. Das ist der Vorteil von Skabands, bei 4 Bands hast du halt sofort 35 Leute zusammen, haha...
Was hat sich im Laufe der Zeit geändert?
Nachdem es immer super lief, haben wir auch etwas größere regionale Acts dazugenommen (z.B. die beNUTS, die in Süddeutschland doch immer noch einen super Namen haben), und mittlerweile reservieren wir immer einen der fünf Slots für eine überregionale Band, die dann auch eine fixe Gage bekommt, die aus dem gemeinsamen Pott gezahlt wird (auch finanziell teilen sich die vier lokalen Bands immer zu gleichen Teilen alle Kosten und den Gewinn).
Was waren die bisherigen Topacts?
Wir hatten schon die beNUTS, dann die Discoballs aus Prag, letztes Mal haben Plush Fish aus Moskau vorbeigeschaut und jetzt Ende der Woche geben uns Moskovskaya die Ehre.
Welche Bedeutung spielt Ska- und Reggae-Musik bei eurem Festival?
Das ist natürlich das zentrale Thema. Ob’s jetzt Balkan, Ska oder Reggae ist, ist dann gar nicht so wichtig, aber der Offbeat muss einfach dabei sein, bei fünf Bands wird’s da auch noch nicht langweilig, vor allem weil das Tolle am Ska ist, dass man ihn mit fast jeder Musikrichtung und jeder Kultur kreuzen kann und dann kommt wieder was Geiles dabei raus. Dieses Mal haben wir mit Radio Minga zum Beispiel eine Band, die überwiegend aus in München lebenden Latinos besteht und daher spanischen Mestizo-Ska machen, dazu kommt mit Tula Troubles eine Band in der Leute aus Frankreich, Tunesien, Italien, Türkei und Serbien spielen und die französischsprachigen Chanson-Ska machen und so wird’s einfach nie langweilig mit dem Ska.
Was unterscheidet euer Festival von allen anderen?
Einmal dass die Musiker das Festival sind, dann natürlich die vollständige Ausrichtung auf Offbeat-Musik, und dann glaube ich tatsächlich, dass (vielleicht deswegen) die Atmosphäre irgendwie besonders für ein eintägiges Indoor-Festival ist. Das kann ich jetzt schlecht erklären, ist nur so ein Gefühl...
Mit welchen Sponsoren arbeitet ihr zusammen?
Mit gar keinen. Bisher funktioniert unser Konzept immer prima und viel weiter wachsen möchten wir eigentlich gar nicht, insofern brauchen wir keine Sponsoren. Gut, es wäre schon toll, wenn man die zwei Wochen vorm Festival nicht immer zittern muss, ob die Leute kommen, ob die Stimmung da ist, und ob am Ende für alle Bands ein bisschen was übrig bleibt, aber ich denke, in unserer Größe sind wir für Sponsoren auch noch nicht wirklich interessant.
Wobei ich hier erwähnen muss, dass uns das Feierwerk hier immer mit viel Hilfe und viel Kooperationsbereitschaft zur Seite steht, das ist kein Sponsoring in irgendeiner finanziellen Art und Weise aber hilft uns doch immer ziemlich viel.
Persönliches:
An was arbeitet ihr gerade?
Meine derzeitige Hauptband ist ja RAPID aus München und da kommt Anfang des Jahres die erste CD raus mit Tour. Da gibt’s eine Menge zu tun (neben der offiziellen Arbeit).
Was ist euer Lieblingsmusikstil?
Also ich mag gern moderne Klassik, etwa ab Rachmaninoff, besonders gerne Alban Berg und Zwölftonmusik. Dann höre ich noch sehr viel 70ties Artrock (Genesis oder Yes und ganz besonders Jethro Tull) oder – klar – die Beatles und ihre Verwandten, und viel Black- Death- oder Progressive Metal (bevorzugt das fiese, abgefahrene Zeugs aus Skandinavien mit Schreigesang). Ach ja, und dann auch noch eine Menge Ska, bevorzugt osteuropäischen (gerne auch mit viel Gypsy-Brass) oder lateinamerikanischen. Hm, eigentlich gibt’s überall auf der Welt coole Skabands... Das war jetzt übrigens ehrlich und kein Scheiß, echt jetzt Mann!!!
Was verbindet euch im Offline-Leben mit eurer Musikszene?
Ich spiele in einigen Bands (meist Ska), mache eben dieses Festival (und noch ein paar andere ebenso große bzw kleine) und kümmere mich außerdem noch ums Booking einiger Bands. In den meisten davon spiele ich selbst, aber nicht in allen. Einige sind auch Bands von Freunden. Also irgendwie lässt sich bei mir das Offline-Leben nicht von der Musik (und daher auch ihren Szenen) trennen.
Viele Webmaster geben relativ schnell auf, wenn sie merken und sehen, wie viel Arbeit so eine Seite machen kann. Was ist euer Erfolgsrezept?
Wir haben keine Page :-) und sparen damit eine Menge Zeit. Ich denke, dass Facebook auf Dauer kein Ersatz ist, aber bisher wär’s einfach zu aufwändig, immer alles umzudesignen, wenn die nächste OFFBEAT OFFENSIVE ansteht.
Habt ihr schon einmal überlegt, alles hinzuschmeißen?
Ich glaube, ich bin vor JEDER aber wirklich JEDER OFFBEAT OFFENSIVE irgendwann an dem Punkt, wo ich mir denke: „Warum machst du das eigentlich??? Das ist jetzt echt das letzte Mal“, aber bisher hab ich den Entzug noch nicht geschaft.
Inhalt II / Allgemeines und Ausblick:
Was sagt ihr zu den gesetzlichen Regelungen (Urheberrecht) in Bezug auf Veröffentlichungen von Songtexten oder Songs auf Webseiten?
Als Komponist bin ich ein großer Befürworter von unserem Urheberrecht (oh, jetzt gibt’s bestimmt wieder Haue...), aber gerade im Internet sollte man da etwas kulant sein, besonders was Veröffentlichungen von Texten betrifft. Aber man muss auch zugeben, dass mittlerweile wirklich nur noch wenig Geld bei den Musikern (besonders bei den Kleinen) ankommt, was schon auch auf die Entwicklungen im Internet und die damit verbundene Änderung der Mentalität der Leute zurückzuführen ist. Insofern finde ich die gesetzlichen Regelungen im Prinzip ok, würde mir aber – speziell bei kleinen Pages – etwas mehr Lockerheit bei der Verfolgung und der GEMA wünschen. Und diese verdammten Abmahn-Anwälte, die sollte man... naja, das schreib ich lieber nicht, am Ende krieg ich noch ne Abmahnung....
Wohin entwickelt sich euer behandelter Musikstil?
Puh. Schwer zu sagen... zumindest in München spiegelt der Ska wohl die Internationalität der Stadt wieder (wenn du morgens in der U-Bahn fährst, hörst du eigentlich mindestens sechs bis acht verschiedene Sprachen) und wird immer bunter und nimmt viele lateinamerikanische, südeuropäische und osteuropäische Elemente auf. Die letzten Jahre war ja Ska in Süddeutschland so ein bisschen tot, was ich beim Booking extrem gespürt habe, aber im Moment scheint er (mal wieder) zu kommen, aber ich weiß noch nicht genau, in welcher Form. Das ist ja gerade das Spannende, toll wäre es natürlich, wenn man Teil dieser neuen Welle sein könnte...
Musikwebmaster stecken in einem permanenten Dilemma, Musik subjektiv in Worte zu fassen. Die ein oder andere natürliche, deskriptive Schublade bleibt da kaum aus. Wie geht ihr damit um?
Also ich hab mal beim Umräumen meiner Wohnung zwischendurch sämtliche Schubladen ausgeräumt und rausgeräumt, bevor die neuen Möbel kamen – das war ein katastrophales Chaos!! Ganz ehrlich: Schubladen sind notwenig! Irgendwie wollen die Leute ja auch verstehen, was du da meinst bei deiner Musikbeschreibung. Klar, „klingt wie“ heißt nicht „klingt exakt wie“, sondern geht nur in so eine Richtung (hoffentlich), so viel Phantasie sollte der Leser dann schon immer haben, dass er weiß, dass jede Band ein bisschen anders klingt. Aber im Grunde finde ich Schubladen nötig und finde es immer ein bisschen gezwungen, wenn jede Band für ihre Musik einen neuen Stil definiert. „Darkened Melodic-90ties-Thrash-Death-Metalcore“ oder „Drunken 3rd-Wave Molotoff Humppa-Ska“ beschreibt vielleicht die Band exakt (meiner Meinung nach ZU exakt), aber ist einfach kein Stil.
Wie sieht die Musik-Online-Welt in 10-15 Jahren aus? Wohin geht der Trend?
Hmm, warte, ich schau mal in meine Kristallkugel... ich denke, der Mainstream wird immer industrieller, gräßlicher und schnelllebiger, weil es immer einfacher wird, mittels der (dann als Monopole auftretenden) paar digitalen Vertriebe Musik auf der ganzen Welt anzubieten. Gleichzeitig wird die Mainstream-Musik wohl weltweit noch ähnlicher, amerikanisch mit etwas mehr asiatischem Einfluss. Aber die Gegenbewegung wird wohl auch noch größer werden und immer mehr Leute werden von der billigen Plastikschönlingskitschtittenmusik abgestoßen werden. Ich denke, dass in 15 Jahren sogar mehr Schallplatten als CDs verkauft werden, also insofern wird’s diese beiden genau gegensätzlichen Bewegungen geben, nur das Mittelding wird wohl verschwinden. Ich glaube, auch Printmagazine gibt’s dann gar nicht mehr. Irgendwie schade, aber wenn man so am Althergebrachten hängt, dann klingt man irgendwann wie sein eigener Vater früher, als die CDs aufkamen, oder der Opa, als der Farbfernseher plötzlich die ganzen Altkinostars hässlich aussehen hat lassen...
Sagt doch, was ihr wollt! Kommentare und Anmerkungen von euch.
Als Musiker UND Festivalorganisator finde ich’s super, wenn Leute sich im Internet vernetzen und wenn Leute in ihrer Freizeit dafür sorgen, dass andere Leute mitbekommen, wo was los ist und was grade so geht. Dafür liebe ich das Internet!
Ich will nur allen Leuten sagen: Geht auch raus, schaut in die live-Clubs, solange es die gibt, geht auf die Konzerte, lebt einfach. Ich bin auch krass oft einfach nur müde nach der Arbeit und hab gar keinen Bock, aber schon diese verdammte Karte gekauft... gut, geh ich halt hin... und dann nach zwei Stunden bin ich einfach nur froh, dabei gewesen zu sein und was Echtes erlebt zu haben. Ich höre das so oft von Leuten, nach unserer OFFBEAT OFFENSIVE: „Mensch, eigentlich sollten wir viel öfters auf Konzerte gehen“ „Das hat voll Spaß gemacht, sollten wir viel mehr machen...“ oder so was in der Art. Da bleibt mir immer nur zu sagen: „MACHT ES!! Besser heute als morgen...“